Denkanstöße

"Nichts bewegt Sie wie ein Citroen ..."



... so lautet ein Werbeslogan, der im Augenblick über die Fernsehbildschirme flimmert. Das mag zwar sein, aber es ist nicht immer das Optimum, passiv bewegt zu werden. "Just do it" lautet eine andere Aufforderung aus der Reklamewelt. Und dieser kleine Satz verheißt im Gegensatz zum ersten sehr viel Anstrengung. Wir brauchen mehr Bewegung.

Wissenschaftliche Studien der letzten Jahre haben nachhaltig bewiesen, daß Bewegungsmangel eine wesentliche Ursache für das Entstehen von vielen Krankheiten in unserer Zivilisation ist. Die sogenannten Bewegungsmangelkrankheiten (Beeinträchtigungen des Herz-Kreislauf-Systems, Rückenbeschwerden aller Art, etc.) verursachen dem einzelnen immense Schmerzen und der Gesellschaft immense Kosten. Epidemiologen schätzen, dass 20 Prozent und mehr der gesamten Gesundheitskosten hierdurch verursacht sind. Um dem abzuhelfen, wird eine enorme Maschinerie in Gang gesetzt, die Sport-, Fitness- und Wellnessbranche boomt.

Seien Sie ehrlich, haben Sie nicht mindestens ein Fitnessgerät oder -buch zu Hause ? Der gute Vorsatz, oft zu Neujahr oder im Frühling gefasst, jetzt endlich etwas für die Figur zu tun, mündet häufig in den Kauf von teuren Fitnessgeräten und Klamotten, die ein paar Monate später langsam einstauben.
Das "Sechs-Monate-Abo" im Fitness-Studio wird nicht ausgenutzt, weil man es zeitlich doch nicht schafft (schaffen will ?), und gerade, wenn es um Sport geht, lernt man ein Haustier besonders gut kennen: den inneren Schweinehund. In den meisten Fällen ist es kein Yorkshire Terrier, sondern ein ausgewachsener Bernhardiner inklusive Rumfässchen oder wahlweise Fernbedienung. Irgendwann sieht man den tollen Männern und Frauen auf den Videos und im Studio nicht mal mehr zu. Das Ziel war zu hoch gesteckt, die Ausreden, nicht zum Jogging-Treff zu kommen, werden immer fadenscheiniger. Und das war´s dann mit dem Sport.

War´s das wirklich ? Wie wäre es mit Plan B ?
Nicht ganz so spektakulär und öffentlichkeitswirksam, dafür aber länger durchzuhalten.
Bewegung ist für den menschlichen Organismus nun mal lebenswichtig und ganz nebenbei auch die einzige Art, wie wir uns unserer Umwelt mitteilen können (auch zum Sprechen müssen wir die Lippen bewegen).
Da bekanntlich auch eine Reise von 10.000 Meilen mit dem ersten Schritt beginnt, können Sie doch das Problem genau in dieser Art und Weise angehen.
Benutzen Sie statt des Lifts oder der Rolltreppe die normale Treppe. Gehen Sie am Anfang erstmal nur die Treppen nach unten, vielleicht bekommen Sie irgendwann Lust, ein paar Stockwerke aufwärts zu probieren. Schaffen Sie sich kleine Gelegenheiten, um von Ihrem Schreibtischstuhl aufstehen zu müssen: legen Sie einen Ordner außerhalb Ihrer Reichweite, holen Sie sich eine Information von Kollegen im Nachbarbüro statt per Telefon einfach mal persönlich, wenn die Zeit es erlaubt.
Es gibt viele kleine Tricks, mit denen man sich selbst ein bißchen Bewegung verschaffen kann. Am wichtigsten ist jedoch, mit einer Sache anzufangen, es selbst zu tun, und nicht einen sportlichen Generalstabsplan zu erstellen, vor dem man über kurz oder lang die weiße Flagge hisst. Es wird eventuell zunächst niemandem auffallen, dass Sie in Ihrem Verhalten etwas geändert haben. Aber das ist andererseits vielleicht auch gut so: Sie müssen keine bohrenden Fragen beantworten oder sich dumme Sprüche anhören. Irgendwann können sie sich dann gar nicht mehr vorstellen, dass Sie immer Fahrstuhl gefahren sind.

Und glauben Sie mir, manchmal lächeln sich wildfremde Menschen an, die sich auf einer Treppe entgegenkommen, neben der eine völlig überfüllte Rolltreppe läuft. Sie gehören zu denen, die es einfach tun, und sich nicht nur bewegen lassen.



Susanne Kahlke
Diplom-Sportwissenschaftlerin